Studienfahrt nach Weimar und Buchenwald

„Erschreckend finde ich, wie viele grausame Dinge die Leute dort erlebt haben und wozu der Mensch fähig war.“ – Jenny Schmidt, Vorsitzende des Besuchsdienstkreises

Liebe Gemeinde,
in der Zeit vom 30.09. bis zum 03.10.2023 hat sich eine Gruppe von 17 Interessierten aus zwei Generationen auf den Weg nach Weimar in der Nähe von Buchenwald gemacht, um dort eine intensive Zeit zu erleben. Die Idee kam von Andre Bröker und Susan Reiners, zwei engagierte Gemeindemitglieder, denen der jährlich stattfindende Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus so berührt hat, dass sie vorgeschlagen haben, doch mal eine Studienfahrt zu einer Gedenkstätte zu unternehmen. Andreas Mann nahm diese Idee dankend an und organisierte eine Reise nach Weimar in dessen Nähe die Gedenkstätte Buchenwald liegt.

Trotz dessen, dass sich viele schon untereinander kannten, lag der Samstag im Zeichen des Kennenlernens und es wurde schnell deutlich, dass wir eine harmonische und gut funktionierende Gruppe waren, was für die bevorstehende, sehr schwere Thematik von großer Wichtigkeit war.

Am Sonntag fuhr die Gruppe dann zum ehemaligen Konzentrationslager in Buchenwald, um dort an einer Führung teilzunehmen. „Je näher wir dem Konzentrationslager kamen, desto bedrückender wurde die Stimmung“ fasste es Dustin Ristau, Mitglied des Helferkreises, am Ende der Führung zusammen. Die Führung wurde von einem Mann geleitet, der in der Zeit des Nationalsozialismus geboren wurde und der sich noch direkt mit den Auswirkungen konfrontiert sah. Er erzählte eine Menge über den Alltag der Menschen dort. Susan Reiners formuliert ihre Gedanken wie folgt: „Mich bewegt die Frage, wie viel ein Mensch erleiden kann. Die wenigen, die überlebt haben und über das Geschehene berichten können… Wie haben sie das Leid ausgehalten?“.

Es war ein unfassbares Leid, welches die Menschen ertragen mussten. Demütigung, körperliche Züchtigung, Essensentzug, Arbeiten zu unmenschlichen Bedingungen, unzumutbare hygienische Zustände, ständige Angst um das eigene Leben… Die meisten von uns haben schon vieles über die Zeit gehört, doch erst vor Ort wurden die Geschichten mit Emotionen gefüllt. „Vor dem Krematorium kamen mir die Tränen. So nahe an so viel Leid und Schmerz“ beschrieb es Pfarrer Andreas Mann bei der Reflexionsrunde. Es war eine intensive Zeit an dessen Ende viele Fragen geblieben sind. Besonders beängstigend fanden wir die Frage, wie es so weit kommen konnte. Andre Bröker formulierte seine Gedanken dazu wie folgt: „Grausam, menschenverachtend auf der aktiven Seite und wegschauend, verdrängend, ängstlich auf der passiven Seite“. Nicht nur die Menschen, die aktiv an den Taten beteiligt waren, sondern auch die Menschen, die passiv dabei zuschauten, ließen das Grauen wachsen. Wir stellten uns die Frage: Was hätten wir getan? Hätten wir die Kraft und den Mut gefunden, uns dagegen zu stellen? Vermutlich nicht. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, den Anfängen zu wehren, damit wir uns diese Frage niemals stellen müssen.

Am Ende der Fahrt bleibt allerdings auch ein bisschen Hoffnung. Hoffnung darauf, dass es genügend Menschen gibt, die das Grauen kennen, wahrnehmen und davon angerührt werden. Hoffnung darauf, dass es genügend Menschen gibt, die sich sagen, dass so etwas nie wieder passieren darf. Hoffnung darauf, dass es genügend Menschen gibt, die sich aktiv gegen Diskriminierung, Hass und Hetze stellen und sich für Toleranz, Vielfalt und Gleichberechtigung einsetzen. Wir waren uns einig: In unserer Gemeinde gibt es viele Menschen, die genau das tun wollen. Das gibt uns Hoffnung.

In der Hoffnung, dass viele unserer Leser:innen das Gleiche denken, senden wir Ihnen und Euch viele Grüße.

Im Namen der Gruppe: René Faßbender

 

Foto: privat